Zuhören ist uns in die Wiege gelegt. Ob wir die Dinge zugleich verstehen, hat im ersten Schritt jedoch nichts mit unserer Fähigkeit des Hörens zu tun. Viel mehr geht es um das aufrichtige Aufnehmen des Gesagten inklusive der dahinter liegenden Botschaften.
Wir geben Dir in diesem Beitrag Tipps aus der Mediation & dem Konfliktmanagement um ein besseres Zuhören für mehr gegenseitiges Verständnis aufbauen zu können. Viel Spaß beim Lesen!
Inhaltsverzeichnis
Was willst Du eigentlich sagen?
Gutes Zuhören beginnt damit, dass wir verstehen was beim Miteinander-Sprechen passiert. Schulz von Thun erkennt mit seinem 4-Ohren-Modell an, dass in jeder Aussage vier Botschaften enthalten sind. Wir packen also in eine Nachricht mehrere Informationen – manche sind bewusst, andere unbewusst.
Hier ein Beispiel:
Ein Paar sitzt im Auto und wartet an einer roten Ampel. Die Person am Beifahrer-Platz sagt: „Die Ampel ist grün“.
Ohr | Erklärung | Beispiel |
---|---|---|
Sachebene | Die Information der Nachricht | Die Ampel ist grün. |
Appell/Aufforderung | Wozu der/die Sender*In die/den Empfänger*In auffordert | Fahr los. |
Selbstaussage | Was anhand der Nachricht über den/die Sender*In offenbart wird | Ich bin ungeduldig. |
Beziehungsaspekt | Was über die Nachricht über die Beziehung offenbart wird | Ich weiß es besser als Du. |
Wir merken an diesen vier Ohren, dass nicht alle Botschaften vom Sender oder der Senderin ausgehen. Vieles ist eine Interpretation zwischen den Beteiligten und verrät mehr über deren Beziehung. Wir haben also viel Potential Gesagtes richtig, falsch oder irgendwo dazwischen zu interpretieren.
Wenn wir anerkennen, dass es verschiedene Ohren gibt, mit denen wir Gesagtes hören, müssen wir bewusster Zuhören um das tatsächlich Gesagte aufnehmen zu können.
Werkzeuge zum Zuhören für ein besseres Verstehen
Besser Zuhören hat als Ziel das Gesagte zu verstehen und gegenseitiges Nachvollziehen und Verstehen zu etablieren. Dafür gibt es ein paar geeignete Werkzeuge.
100% Konzentration auf das Gesagte
Was uns meistens am schwersten fällt ist die Konzentration. Wir hören beim Zuhören etwas, überlegen uns was wir darauf sagen können, welche Meinung wir haben oder wie der Dialog weiter gehen soll.
Tipp: Versuche Dich im nächsten Gespräch einmal voll auf Dein Gegenüber einzulassen und lass die Person sprechen bis sie fertig ist. Wenn Dein Kopf loslegt und Lösungen oder Ergänzungen entstehen lässt, leg sie gedanklich zur Seite und konzentriere Dich wieder auf das Zuhören.
Nachricht ≠ Gesagtes
Nach der Konzentration folgt das Bewusstsein für die oben genannten vier Ohren.
Tipp: Richte Deinen Fokus gleichermaßen auf den Inhalt, die Emotionen und die Beziehungsebene. Dafür können folgende Fragen für Dich sinnvoll sein:
- Was wurde tatsächlich gesagt?
- Was will diese Person über sich selber damit sagen?
- Warum erzählt diese Person mir diese Nachricht?
- Was erhofft sich die Person von dem Gespräch mit mir?
Hinweis: Für die gesamten Antworten auf die Fragen gilt das nächste Werkzeug als oberste Faustregel.
Loopen/Spiegeln: Habe ich Dich richtig verstanden?
In vielen Fällen gehen wir selbstverständlich davon aus, dass wir genau wissen worum es der anderen Person geht. Ist das wirklich so? Durch aktives Nachfragen können wir unsere*n Gesprächspartner*In mit ins Boot holen und tatsächliches Verständnis einholen.
Tipps:
- Frag‘ bei Deinem Gegenüber nach „Habe ich Dich richtig verstanden, dass Du….?“.
- Nimm für diese Frage einen Teil der Aussage und wiederhole ihn in Deinen Worten.
- Wenn Deine Frage genau die Emotion & den Inhalt Deines Gegenübers trifft, wird die andere Person das mit einem klaren JA bestätigen. Das ist die Bestätigung, dass Du es richtig verstanden hast.
Person A: Mich ärgert enorm, dass mein Bruder mich nicht anruft. Der meldet sich seit Wochen nicht und das obwohl wir vereinbart hatten zu telefonieren. Dem ist alles egal.
Person B: Habe ich Dich richtig verstanden, dass Du enttäuscht bist und eigentlich gerne Kontakt mit Deinem Bruder hättest?
Verstehen ≠ Zustimmen
Aktives Zuhören bedeutet den anderen bzw. die andere tatsächlich verstehen zu wollen. Es gibt dabei einen wesentlichen Unterschied zur Zustimmung. „Ich verstehe“ bedeutet das Aufnehmen des Gesagten und das gemeinsame Verständnis darüber erlangt zu haben. Wir müssen dabei nicht zustimmen und die Meinung teilen.
Tipp: Setze Dir im nächsten Gespräch das Ziel Dein Gegenüber zu verstehen und nicht gemeinsam die Zustimmung über das Gesagte zu erlangen. Dies kannst Du Deinem Gegenüber auch symbolisieren indem Du den Satz „Ich verstehe“ verwendest.
Was passiert wenn wir aktiv zuhören & verstehen?
Menschen werden ermutigt.*
Unser Gegenüber fühlt sich sicher und erzählt mehr über die eigene Wahrnehmung.
Ohne Wiederholung*
Wir können klarer, effizienter und direkter kommunizieren ohne uns ständig wiederholen zu müssen.
DAS BESTE*
Unbewusste Wünsche & Gefühle werden bewusst.
Wir gewinnen mehr Vertrauen, empfinden mehr Wertschätzung und stärken das Selbstbewusstsein.
*Hinweis: Daneben sei noch erwähnt, dass wir weniger Missverständnisse haben, bessere Beziehungen führen, Bereitschaften wachsen und wir bekommen neue Perspektiven. Ein Win-Win für Alle Beteiligten!
Pause: Einmal durchatmen
Das aktive, aufrichtige Zuhören mit dem Anwenden der hier genannten Werkzeuge kann vor allem zu Beginn und in der Übungsphase anstrengend sein. Gib‘ Dir daher Zeit!
Tipps:
- Versuche das aktive Zuhören in einfachen Gesprächssituationen zu üben und gönne Dir auch Pausen.
- Ein klare Botschaft wie „Ich bin gerade erschöpft und mir fällt auf, dass ich mir schwer tue dem Gespräch zu folgen, können wir in zwei Stunden darüber sprechen?“ ist besser als das Verfallen in alte Muster.
Fazit
Aktives Zuhören fördert eine bessere Gesprächskultur und verbessert Beziehungen. Als Nebeneffekt macht es Kommunikation auch noch effizienter und zielführender – auch wenn die ersten Schritte manchmal anstrengend für uns sind. Hier sind noch einmal die wichtigsten Tipps:
- Konzentriere Dich zu 100% auf Dein Gegenüber und denke nicht an die nächsten Schritte im Gespräch
- Hol‘ Dir ein klares Ja für das Verständnis ein & wiederhole das Gesagte in Deinen Worten
- Als Ziel hast Du nicht das Zustimmen sondern das Verstehen
- Erkenne an, dass eine Nachricht nicht nur Information ist, sondern deutlich mehr verrät.
In unserem Beitrag „Konflikte entschärfen“ findest Du noch mehr Tipps für die Kommunikation & das Zuhören in Streitsituationen.
Quellen
- Edmüller, A. & Jiranek, H. (2010). Konfliktmanagement. Haufe Lexware.
- Glasl, F. (2020). Konfliktmanagement: Ein Handbuch für Führung, Beratung und Mediation. Freies Geistesleben GmbH.
- von Thun, F. S. & von Thun, F. S. (1997). Miteinander reden. Beltz Verlag.